
Wenn ich an meine Jugend zurück denke, fällt mir zuallererst die Zeit ein, die ich auf meinem Fahrrad verbracht habe. Fast täglich brauchte ich mein Fahrrad für kurze und auch lange Strecken und brachte damit während meiner Jugend tausende Kilometer in Punjab in Indien zurück. Ich erinnere mich noch gut, wie mir im Sommer die warme Luft Erfrischung verschaffte und mich von der sommerlichen Hitze, die zeitweise erdrückend war, ablenkte.
Und wieder klingelte das Telefon. Es war mein Freund Iqbal. „Was ist passiert, während ich weg bin?“, fragte er. So hatten wir es vereinbart. Er arbeitete jetzt nämlich in Saarbrücken, was für ihn als Asylbewerber eigentlich verboten war. Dem Gesetz nach müsste er in Siegen bleiben, weil er nur hier Aufenthaltsrecht genoss.
In meinem Asylheim lernte ich noch viele andere kennen. Sie waren meine Landsleute und kamen wie ich aus Punjab in Indien. Oft wohnten sie anderswo bei ihrer Verwandtschaft in einer anderen Stadt, obwohl sie das nicht durften. In Siegen wohnten sie nur offiziell, fuhren aber quer durch Deutschland zu ihren Kollegen oder ihren Verwandten. Und, wenn die Aufenthaltserlaubnis kurz vor Ablauf war, kamen sie zurück.
Acht Wochen gingen Iqbal und ich miteinander in die Schule. Iqbal erzählte mir alles Mögliche. Er hat redete gerne und ich hörte ihm gerne zu. Manchmal tranken wir dabei auch zusammen Bier.
Ich war schon einige Wochen in Siegen. Und nach einigen Strapazen gab uns die Stadt Siegen die Erlaubnis, zur Schule zu gehen. In Indien war ich zur Universität gegangen. Und jetzt sollte ich also wieder in die Schule. So stellte ich wieder meine Sachen zusammen und fing mit einer neuen Lernerfahrung an.
Früh am Morgen, als ich aufstand, um mich auf den Tag vorzubereiten, setzte ich mich zunächst auf die Bettkante, machte die Augen zu und betete. Mein Gebet beinhaltete immer auch den indischen Wunsch Sabataballa, nämlich, Gott um Frieden für alle zu bitten.
Seit ich in Deutschland angekommen war, war mein einziger Gedanke, wie ich Geschäfte machen kann und Geld verdienen. Zunächst musste ich Arbeit finden – auch, wenn ich zunächst noch keine Arbeitserlaubnis hatte. Und so lief ich hierhin und dorthin, um die Möglichkeit zu erlangen, ein Einkommen zu erzielen.
An diesem Abend ging ich früh ins Bett und war dann am nächsten Morgen früh aufgewacht. Ich stand auf und kochte Tee. Auch meinen Kollegen gab ich je eine Tasse. Wir kochten gemeinsam Mittag und dann fuhr ich, ohne ihnen etwas dazu zu sagen, nach Siegen. Ich wollte ihnen nicht mitteilen, welchen Termin ich hatte und wollte pünktlich um 15 Uhr, wie die Chefin mir gesagt hatte, dort sein. 
Anwar und ich waren ständig auf der Suche nach Arbeit. Wenn wir einen Pakistaner oder Inder trafen, war die erste Frage immer: „Gehst du arbeiten? Wo arbeitest du? Hast du die Möglichkeit, Arbeit zu finden?“ Das war immer das Gesprächsthema Nummer 1.